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por Berlino kaj Brandenburgio

Archiv für das Schlagwort “Weißensee”

Märkisches

Der Märkisch-Pommersche Esperanto-Verband, der auf Seite 65 im „Germana Esperantisto“ von 1912 erwähnt wird, muß schon vor einigen Jahren gegründet worden sein. Jedenfalls will er am 25. August 1912 im Hotel Berliner Hof in Weißensee den IV. Brandenburger Esperanto-Tag abhalten und dann im Schloß Weißensee feiern. Zu dem Verband gehören verschiedene Esperanto-Gruppen: Berlin (Verda Stelo) , Charlottenburg, Weißensee, Nowawes (heute:Babelsberg), Potsdam, Spandau, Schwerin). Für 20 Pf. kann ein nach Bedarf erscheindendes Mitteilungsblatt bei F. Schwarz in Charlottenburg, Berliner Str. 102 angefordert werden.

Im Großen und Ganzen standen die Berliner Esperantisten also den Freunden in Paris in nichts nach, was des Feiern und Ausflüge machen betraf. Ernsthaft gearbeitet hat offensichtlich nur die Gruppe Merkur, in der sich die Kaufleute zusammengeschlossen hatten.

Die Gruppe in Potsdam macht am 5. Mai 1912 einen Ausflug nach Sakrow, an dem 58 Personen aus Berlin, Nowawes und Potsdam teilnehmen. Man machte Spiele im Wald und fuhr mit dem Dampfer auf der Havel.

Abends wurde in „Wackermanns Höhe“ getanzt. Auf der Höhe des Brauhausberges ließ Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1804 für die Königin Luise einen Aussichtsturm in neugotischem Stil erbauen. Unterhalb des Turmes lag das beliebte Restaurant »Wackermanns Höhe«, das den Ausschank des Potsdamer Stangenbieres hatte. Der Ausschank an dieser Stelle ist schon seit dem Anfang des 19. Jh. überliefert.

Das regelmäßige Treffen findet Mittwochs um 20:30 im Reichsgraf Hoditz in der Hoditzstr. 4 (Hotel und Restaurant) statt. (Heute Wilhelm-Staab-Str. zwischen Yorck- und Charlottenstr. Die Strasse wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört.)

In Weißensee fand der letzte „biervespero“ am 16. März mit 45 Teilnehmern statt. Jede Woche gibt es ein Treffen zum Lesen und Plauschen.

In Berlin hat die Gruppe „Verda Stelo“ den dritten Jahrestag ihrer Gründung in einem Raum gefeiert, der sich als zu klein erwies. Zu der Feier am 20. April 1912 kamen 160 Personen. Es spielte ein Mandolinenorchester und Richard Schmidt erfreute die Anwesenden durch lustige Zaubereien. Das Fräulein H. Nickel aus Potsdam trug Esperanto-Lieder vor.

Es gab eine reichhaltige Ausstellung, die von den Herren Th. Schmidt und Wichert zusammengestellt worden war. In der Kaffeepause wurden 31 Mark für die „Propagandakasse“ gesammelt.

Von der Gruppe Spandau erfahren wir auch, daß sie 5. Juni 1912 eine außerordentliche Mitgliederversammlung im Restaurant Fritz Runge durchführt.

Das zentral gelegen Café Stern in der Friedrichstraße 119/120 (Nähe Oranenburger Tor) legt jetzt Esperanto-Zeitschriften aus. Das Orchester kann die Esperanto-Hymne spielen und die Kellner lernen Esperanto. Hier sorgen Sonntags, Dienstags und Donnerstags die Mitglieder der Gruppen „Verda Stelo“ und „Unueco“ für Umsatz.

Zum monatlichen Treffen der Gesamtberliner Gruppen waren 130 Personen gekommen. Es fand vermutlich wieder wie seit Januar 1912 in den Industrie-Festsälen (Beuthstr. 19, Mitte) statt.

Herr Luczenbacher erzählte von seinen Ferien in Ungarn. Der Hinweis auf Ungarn läßt vermuten, daß es sich um János Luczenbacher handeln könnte, der auch als Johano de Luczenbacher als Übersetzer erwähnt wird: Jókai, Maŭro. / La Edzino de l‘ falinto ; Pola rakonto. / Du noveloj. El la Hungara trad. / eo / Paris, Presa Esperantista Societo. / 1911 / 93.

Dann führte Herr Wichert als Einstimmung zu den Kongressen in Danzig und Krakau 130 Lichtbilder vor.

Am Ende spiele die Gruppe „Esperantistaj Verdpegoj“ (Grünspechte, wie treffend)

Die Gruppe Merkur hatte einen Übersetzungswettbewerb durchgeführt und die drei besten Übersetzungen prämiert. Pfingsten will man zu einem ehemaligen Mitglied an den Scharmützelsee fahren.

Rixdorf ist 1912 am Ende

Rixdorf ist nicht mehr. Der Germana Esperantisto von 1912 berichtet, daß sich die Esperanto-Gruppe am 30. Januar 1912 umbenannt und einen neuen Vorsitzenden gewählt hat. Es handelt sich um den Lehrer Wilhelm Wittbrodt, der erst 1909 Esperanto gelernt hat und noch als Schulreformer von sich reden machen würde. Die Umbenennung sei notwendig geworden, weil die Stadt seit dem 27. Januar 1912 (Kaisers Geburtstag) durch königliches Dekret „Neukölln“ heißt. Das sei auf Wunsch der Bevölkerung geschehen wird behauptet.

Indes war es eher so, daß es sich um einen Schachzug des damaligen Oberbürgermeisters Hermann Boddin gehandelt hat, der seine Majestät solange bekniet haben soll, bis Kaiser Wilhem Zwo die Umbennennung dekretierte. Rixdorf hatte einen ganz schlechten Ruf als „Ballermann des 19. Jahrhunderts“ und das hielt die „besseren Herrschaften“ davon ab, sich hier anzusiedeln und hier Steuern zu bezahlen.

Rixdorf zählte mit einer Viertelmillion Einwohnern zu den einwohnerstärksten Großstädten in Deutschland,  war aber im Kaiserreich übel beleumundet.

Das kam von dem Gassenhauer, „In Rixdorf is Musike“, kurz „Rixdorfer“ genannt, der von dem dazu Schieber tanzenden Komiker Heinrich Littke-Carlsen 1889 populär gemacht worden war. Frivole Engtänze waren den Sittlichkeitsvereinen der Kaiserzeit ein Dorn im Auge und 1912 wurde Schiebertanzen polizeilich verboten.

Wie kürzlich gefundene Akten zeigen hat das „Gegen den Willen der Bevölkerung [….] eine kleine politische Clique aus Hauseigentümern und Grundstücksspekulanten im Rixdorfer Magistrat durchgesetzt“ – auch gegen  gegen die Stimmen der Sozialdemokraten.

Buntes Esperanto-Leben in Gesamtberlin

In den Industrie-Festsälen fand am 6. Februar die gut besuchte Versammlung der Gesamtberliner Espernto-Organisation statt, die im Januar gegründet worden war. Patentantwalt Schiff stellte Zeitschriften vor, die in letzter Zeit über Esperanto berichtet hatten und Fräulein M. Lindecke trug das „Lied von der Glocke“ vor. Herr P. William las Gedichte von Fritz Reuter auf Platt, die für Zuhörer aus Süddeutschland völlig unverständlich waren. Es schloss sich eine rege Debatte zur Frage, ob es in Esperanto Dialekte gibt, an. Für den 5. März ist die nächste Versammlung angesetzt.

Die „Societo Merkur“ hat mit einem gutbesuchten Esperanto-kurs begonnen.

parish1920Herr Parrish, der in Berlin weilt, hat den Stammtisch der Elf am Bülowplatz zu einem Gespräch in munterer Runde aufgesucht. Herr Parrisch stammt aus Los Angeles und wird vom Germana Esperantisto auch auf Seite 40 lobend erwähnt. Er hält Vorträge über Esperanto, die auch in der deutschen Presse vielfach Erwähnung finden.

Es handelt sich um Donald Evans Parrish, der 1908 Esperanto gelernt hat. Im Auftrag der Industrie- und Handelskammer hat er monatelang Europa, Asien und Afrika bereist und auf Esperanto Werbung für seine Heimatstadt gemacht. 1911 ist sein Aufenthalt in Kolozsvar dokumentiert.

Für Parrish war die Tour durch Europa insofern persönlich ein Erfolg, als er eine dänische Braut (Poula E.) aufreißen konnte. Es war eines der ersten Paare, die Esperanto im Familienleben benutzt haben.

Über die Reise von Herrn Parish hat der Germana Esperantisto schon in Januar auf Seite 5 berichtet:

PerishGE1912

Interesse bei den Studenten

Die Esperanto-Abteilungen der „Freien Studentenschaft“ und „Wildenschaft“ haben in einer gemeinsamen Sitzung ihre Vorsitzenden gewählt. Herr Luczenbacher hat schon im November mit einem Kurs begonnen und die Esperanto-Gruppe Charlottenburg hat dafür ihre Bibliothek mit 700 Bänden zur Verfügung gestellt. Ein Johano oder János Luczenbacher hat 1911 eine Übersetzung von Werken des Schriftstellers Mór Jókai veröffentlicht.

Die Berliner Freistudentischen Blätter Nr. 26 vom 18. Januar haben eine Beitrag mit dem Titel „Studenten und Esperanto“ von stud. phil. E. Vortisch veröffentlicht.

Eine „Katolika Societo Berlin“ hat sich am 29. Januar 1912 gegründet und trifft sich am 2. und 4. Montag im Katholischen Vereinshaus in der Niederwallstr. 11. (Hotel 1. Ranges mit 3 Festsälen, 12 Vereinszimmern und eigener Weinhandlung)

In Weißensee trifft sich die Gruppe jetzt donnerstags im Hotel Berliner Hof am Antonplatz.

Aus Jalta stammt Dr. Ostrovski, der sich längere Zeit in Berlin aufhält, die verschiedenen Gruppen besucht und für Esperanto wirbt.

 

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