informilo

por Berlino kaj Brandenburgio

Esperanto-Tag 26. Juli

Der 26. Juli 1887 gilt als der Geburtstag der internationalen Sprache Esperanto. Diese Datum steht in der ersten, der russischen Version einer Broschüre, in der eine „Internationale Sprache“ vorgeschlagen wird.

Der Autor, der sich hinter dem Pseudonym „Dr. Esperanto“ verborgen hat, schildert hier, wie es dazu kam.


Aus dem Comic von John Hornby, Bilder Colin Andrew, London 1959

Im Sommer 1887 konnte ich mir so etwas wie meinen Le­bens­traum erfüllen. In der Druckerei meines alten Nach­barn Chaim Kelter in der No­wo­lipie Strasse meiner Hei­mat­stadt War­schau habe ich ei­ne Broschüre produ­zieren las­sen. Er hat seine Typo­lithographie in der Num­mer 11 und ich habe als Gym­nasiast von 1873 bis 1879 bei mei­ner Familie in der Num­mer 29 gewohnt.

Seit Jahren hatte ich an meinem Projekt einer „In­ter­nationalen Sprache” ge­feilt. Ei­gent­lich war es schon ziem­lich fertig nachdem ich im Sommer 1885 einige Tage bei meiner kleinen Schwester Fania Piko­wer in Veisiejai1 verbracht habe. Aber ich fand niemand, der es drucken wollte und selbst hatte ich kein Geld dafür.

Meine Situation war damas mehr als prekär. Bei meiner Fa­milie brauchte ich über­haupt nicht zu fragen. Mein Vater hält überhaupt nichts von meinen Spin­nereien. Wäh­rend meiner Schulzeit hat er hat meine ersten Ent­würfe konfisziert. Ich sollte etwas Ordentliches lernen und so ha­be ich brav Medizin stu­diert. Erst zwei Jahre in Mos­kau und dann von 1881 in War­schau, wo ich dann im Ja­nuar 1885 mein Diplom be­kam.

Er war mir schnell klar, dass ich nicht zum Allge­mein­medi­ziner geboren bin. Wenn ich den Patienten nicht helfen konnte, fühlte ich mich immer total schul­dig und ganz schlimm war es, wenn mir einer weggestorben ist.

Also hängte ich im Sommer 1886 eine Spezialisierung zum Augen­arzt in Wien an.

Im Frühjahr 1887 habe ich mich mit Klara Silbernik ver­lobt. Bei ihr und ihrer Familie gab es weit mehr Ver­ständnis für mein Projekt.

Ihr Vater war sogar bereit mir Geld aus der Mitgift vor­zuschiessen, damit ich mein Werk drucken lassen konnte.

Der russische Text ergab einen im Umfang von 42 Seiten und der musste erst durch die Zensur. Wir lebten schliesslich im Russland des Zaren.

Am 2. Juni war die Geneh­migung da und der Druck der ersten Auflage von 3000 Exem­plaren konnte be­ginnen.

Chaim hat etwas gestutzt als er mein Manu­skript ge­sehen hat. Rus­sisch, pol­nisch, deutsch ist für seine Setzer kein Problem. Auch he­bräisch gehört bei ihm zum Tages­ge­schäft. Aber ich woll­te so merk­würdige Buch­staben ver­wenden, die er erst ein­mal gießen lassen mußte.

SupersignojMein Prinzip:
Ein Laut = ein Buchstabe

Ich habe bei der Aussprache das Prinzip verfolgt, dass jedem Buchstaben genau ein be­stimmter Laut entspricht. Und zwar immer. Für die vertrauten Laute der russi­schen Sprache, die es im la­tei­nischen Alfabet so nicht gibt, mußte ich mir etwas einfallen lassen.

Beispielsweise für das „Ч“, polnisch „cz” oder deutsch „tsch” habe ich eben ein besonderes Zeichen einge­führt. Ich habe mich dann in allen solchen Fällen für die Variante mit einem kleinen Dach entschieden.

Seit mehr als 10 Jahren gibt es die Schreibmaschinen von Remington und die Drucker­eien sehen es gerne, wenn die Manuskripte damit und nicht in einer unlesbaren Hand­schrift übergeben werden. Die Akzente, etwa im Franzö­sischen, werden dabei mit Hilfe einer Tottaste ergänzt.

Zweimal Akzent und schon hat man das Dach! Wo ist das Problem?

Immer noch Hoffnung auf eine bürgerliche Karriere

zamenhof-ll-unua-libro-1887-1887-1-728

Titelblatt der russischen Ausgabe

Nun bin ich fast dreissig Jahre alt, Medizinerbald auch Ehemann – und viel­leicht sogar Vater. Also auf dem besten Weg zu der bür­gerlichen Existenz, die mei­nem Vater vorgeschwebt hat.

Deshalb lasse ich es auch vorsichtshalber unter einem Pseudonym veröffentlichen. Ich nenne mich „Dr. Espe­ranto” wobei „Espe­ranto” in mei­ner neuen Sprache un­ge­fähr „Einer der hofft” heißt. Also hoffen wird das Beste.

Klare Grammatik

Ich habe die Grammatik maxi­mal eingedampft und be­haupte, daß man meine Sprache „vollkommen in eini­gen Tagen” lernen kann. Nun, wir werden ja sehen.

Ich will damit ganz sicher nicht das dicke Geld machen. Es geht mir um die Sache. Deshalb habe ich in alle Ausgaben ei­nen Hinweis drucken lassen, in dem ich auf alle Rechte an die­ser Sprache verzichte. Spä­ter wird man sagen, ich hätte damit das Prinzip der Open Source, der offenen Software2 vor­weg­genommen.

Lizenz Zamenhof (Ausschnitt)

Esperanto ist Open Source

In meiner Broschüre er­läute­re ich ausführlich, was ich mit meiner „Inter­na­tionalen Sprache” be­zwecke. Es ist mir klar, ich bin nicht der Erste, der so eine Idee hatte, und wahr­schein­lich ist die Umsetzung auch nicht in allen Punkten perfekt. Aber ich will, daß die Leute, wenn sie erst einmal das Prinzip verstanden haben, sofort etwas damit anfangen kön­nen. Es ist doch das Prinzip der „Open Source”, daß die Community der User die Weiterentwicklung in die Hand nimmt. So ist es ja dann auch mehr oder weniger gelaufen.

Die russische Ausgabe er­schien mit dem Datum von 26. Juli 1887. dieses Datum wur­de später zum „Es­pe­ranto-Ge­burtstag“ ver­klärt.

Klara, die treue Seele, meine Verlobte und ab dem 9. Au­gust 1887 meine Gat­tin, hilft mir dabei die Bro­schüren zu verschicken.

Wir haben sofort damit angefangen, das Werk an die Brennpunkte der intellek­tuel­len Welt, zuerst natürlich auf Russisch und in Rußland, zu verschicken. Danach kamen Aus­gaben auf Französisch und Deutsch.

Es ist zwar unübersehbar ein Preis aufgedruckt. Von den Russen wurden 15 Ko­peken verlangt, in Deutsch­land waren es 40 Pfennig. Keinen Schimmer ob das je­mals irgendjemand bezahlt hat.

Feedback-Formular

In den Ausgaben meiner Broschüre, die nach der Russischen Version auf Fran­zösisch, Deutsch, Eng­lisch erschienen, haben wir dann ein Feedback-Formular einge­baut. Der Text war so an­geordnet, daß man die Seite entnehmen und in vier Teile zerschneiden konnte.

promesoDE

Das feierliche Versprechen die von Dr. Esperanto vorgeschlagene „ling­vo internacia“ des zu lernen

Es entstanden vier Zettel, auf deren Vorderseite man eine Erklärung unterscheiben konnte, dass man die Sprache lernen würde, wenn 10 Millionen Leute das unter­schrieben hätten. Auf der Rückseite konnte man seine Ad­resse angeben.

Die Adressen sollten dann in einem Adressbuch ver­öffent­licht werden. Bei 100 Ad­ressen pro Seite wären das 100.000 Seiten geworden. Al­so 100 Bände zu je 1000 Sei­ten. Eine Wahnsinns-Idee, die auch in 100 Jahren nicht um­gesetzt wurde.

Was für ein Glück, daß viele sich nicht die Mühe gemacht haben die Erklärung abzuschicken, sondern gleich angefangen haben zu lernen.

Der Trick war ja, daß der Text auf Esperanto ab­ge­druckt war. Um überhaupt zu ver­stehen, was man da ei­gent­lich unterschreibt, muss­te man wenigstens die Grund­züge der neuen Sprache verstanden haben. Aber wozu sollte man dann noch per Unterschrift seine Absicht erklären?

Wie erreicht man den Dr. Esperanto

Die Frage, die sich sofort aufgedrängt hat, war ja, an wen man seine Unterschrift schicken sollte. Die einzige erkennbare Adresse war die der Druckerei von Chaim Kelter.

Die einzige erkennbare Adresse

Oder schickt man es zurück an Dr. Esperanto in War­schau, Rußland, und hofft, dass die Post den Empfänger schon ausfindig machen wird. Man kann davon ausgehen, dass er ein Postfach im Haupt­postamt angemietet hat. Auch der Vermerk „Post­lagernd” war international üb­lich.

Es gab eine Menge von Reaktionen, auf die ich dann im „Dua Libro” eingegangen bin. Aber das ist eine andere Geschichte.


Wie würde es aussehen, wenn Ludwig Zamenhof in moderner Sprache über sein Leben berichten würde.

Das war die Idee für einen Blog, der einige Jahre lang als Zamenhof.blog.de erscheinen konnte und eine Handvoll begeisterter Leser hatte. Nachdem blog.de die kostenlosen Blogs aufgab, konnten die Daten gesichert und in eine WordPress-Seite übertragen werden. Dabei ging aber leider einiges vom Bildmaterial und von den Links verloren.

An biografische Texten über Zamenhof herrscht kein Mangel. Die ersten Biografien wurden noch zu Lebzeiten in Esperanto-Zeitschriften veröffentlich. Viele Autoren hoben seine Bescheidenheit hervor und dass er ungern im Rampenlicht stehen wollte.

Auch seine Freundlichkeit und Geduld wurden hervorgehoben. Und seine Frau Klara muss eine Seele von Mensch gewesen sein, die Besucher des Heims in Warschau ebenso entzückt hat, wie diejenigen, die sei bei den Esperanto-Weltkongressen kennengelernt haben. Oft reiste die ganze Familie an und auch die Kinder (der erste Sohn Adam wurde im Juni 1888 geboren) waren dabei und sprachen Esperanto.

Eine ungeschönte Darstellung seines Vaters stammt von Adam Zamenhof. Er liess keinen Zweifel daran, dass Zamenhof massiv nikotin­abhängig war und dass er ohne diese Droge nicht an seinen Übersetzung arbeiten konnte. Wohlgesonnene Ärzte – und er war ja selber Arzt wie sein Sohn Adam – empfahlen dringend mit dem Rauchen aufzuhören. Er hat es versucht, aber die Entzugserscheinungen waren unerträglich und vor allem konnte er nicht mehr schriftstellerisch und als Übersetzer tätig sein.

Viele Biografen huldigen die Genianalität des „Meisters“ (eine Bezeich­nung, die er ausdrücklich ablehnte) und halten sich mit Kritik in jeder Hinsicht zurück.

1Heute in Litauen. In frühen Esperanto-Dokumenten „Vejseje“ geschrieben. 1988 wurde im Gutspark ein Denkmal für Zamenhof eingeweiht.

Wikipedia.DE | Wikipedia.EO | Das Denkmal |

.2Das Li­nux-­Ma­gazin von 2006 nennt es eine „Sprache unter freier Lizenz”

Einzelbeitrag-Navigation

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.